Unsere Back on Track Studentin Ronahi hat diesen Sommer ihren Bachelor in Pädagogik an der Mälardalens Universität in Västerås (Schweden) erfolgreich abgeschlossen. Lesen Sie hier Ronahis Gedanken zu ihrem Weg, der sie von Damaskus in die Türkei, nach Griechenland, dann nach Schweden und schliesslich zu ihrem Abschluss in Pädagogik brachte.
"Als ich Syrien verlassen musste, dachte ich, meine Zukunft sei vorbei. Ich hätte nie gedacht, dass sich mein Leben so auf den Kopf stellen würde: Von einer Studentin der Englischen Literatur an der Universität Damaskus wurde ich zu einer von Millionen von Flüchtlingen, die mit einem winzigen Rucksack aus ihrem Heimatland fliehen und ihre Liebsten zurücklassen mussten. Mein einziges Ziel war es, zu überleben und es an einen sicheren Ort zu schaffen.
Ich kam im September 2014 in der Türkei an und dachte, dass meine Familie und ich nun endlich in Sicherheit sein würden. Doch die Schwierigkeiten begannen, als ich versuchte, eine Wohnung und einen Job zu finden, was fast unmöglich war, weil man mir ansah, dass ich Syrerin war. Mit Hilfe einiger Cousins gelang es uns schliesslich, eine Wohnung und Arbeit in einer Nähfabrik für meine Schwestern und mich zu finden. Wir arbeiteten 11 Stunden am Tag, 6 Tage die Woche, und mit dem Lohn konnte unsere Familie knapp überleben.
Nachdem wir ein Jahr lang auf eine Antwort der schwedischen Regierung gewartet hatten, durfte meine Familie nach Schweden reisen, während meine beiden Schwestern, meine 92-jährige Grossmutter und ich abgewiesen wurden, weil wir über 18 Jahre alt waren. Somit waren wir gezwungen, den gefährlichen Weg per Boot nach Griechenland zu nehmen, und danach sollten wir über die Balkanroute nach Schweden gelangen und uns mit dem Rest der Familie wiedervereinen.
Aber zum Glück änderten sich diese Pläne, nachdem wir auf Lesbos, Griechenland, ankamen. Neue Zukunftsperspektiven öffneten sich, als ich Raquel kennenlernte und von SAO Unterstützung erhielt. Es gibt keine Worte, die meine Gefühle in dieser Nacht beschreiben können. Es war eine Mischung aus Angst, Erschöpfung, Sicherheit, Dankbarkeit und irgendwie auch Gesegnetsein. Nach vielen Ablehnungen der schwedischen Regierung durfte ich 2016 endlich das Flugzeug nach Schweden besteigen.
Ich war unglaublich glücklich, endlich wieder mit meiner Familie vereint zu sein und dachte, ich hätte nun alle Schwierigkeiten überwunden. Aber das war lediglich ein weiterer Anfang. Die Sprache und die Kultur waren meine ersten beiden Herausforderungen in Schweden, aber mein ultimatives Ziel war es, wieder an die Universität zu gehen. Ich arbeitete sehr hart und schloss SVA 3 - die höchste Sprachstufe - in weniger als einem Jahr ab.
Ich war so aufgeregt und überglücklich darüber, wieder ein Studium beginnen zu können, dass es sich wie ein wahr gewordener Traum anfühlte. Aber es stellte sich heraus, dass die akademische Sprache auf einem hohen Level war, von welchem ich weit entfernt war. Ein lang gehegter Traum war geplatzt. Ich fühlte mich ständig deprimiert und gestresst, sodass ich schliesslich beschloss, die Studienrichtung zu ändern und etwas Realistischeres zu machen. Infolgedessen habe ich meine Studienrichtung zweimal gewechselt.
Da ich immer noch keinen gesicherten Aufenthaltsstatus habe und immer wieder befristete Aufenthaltsgenehmigungen für zwei Jahre in Schweden erhalten habe, musste ich eine pragmatische Entscheidung treffen und ein Studienfach wählen, das mir anschliessend einen Arbeitsplatz garantiert (was mir hilft, eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten).
Der Studiengang Pädagogik ermöglichte es mir, mich wohler zu fühlen und mehr ich selbst zu sein. Und jetzt bin ich hier: Ich habe meinen Abschluss gemacht und freue mich darauf, mit Kindern zu arbeiten.
Ich werde SAO immer dankbar sein, weil sie mir finanziell geholfen haben, aber auch immer ein offenes Ohr hatten, um mich bei meinen Problemen zu unterstützen. Mein Plan für die Zukunft ist es, in der Pädagogik zu arbeiten, aber auch mit meinem wiedergewonnenen Selbstvertrauen mein Studium fortzusetzen. Ich möchte gerne Fachpädagogin für Kinder im Alter von 1 bis 6 Jahren werden."
Wir sind stolz auf Ronahis Weg und gratulieren ihr von Herzen.
Ronahis Schwester Ruha ist auch Studentin in unserem Studienprogramm Back on Track mit ihrem Studium zur Radiologiefachfrau. Hier können Sie Ruhas Portrait lesen.
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